Tunneleffekt bei Licht

Beim Tunneleffekt denkt man wohl zuerst an Elektronen, doch auch Photonen können dieses Kunststückchen.

An einigen Unis soll es Vorrichtungen geben, mit denen man diesen Tunneleffekt gut zeigen und untersuchen kann. Zwei Flächen von extrem plan geschliffenen Prismen werden von Piezotranslatoren in Nanometer-Schritten angenähert. Dabei fällt Licht so in das eine Prisma ein, dass es im Prisma an dieser Annäherungs-Fläche total reflektiert wird. Eigentlich dürfte erst dann Licht in das andere Prisma übertreten, wenn sich die Flächen der beiden Prismen berühren. Aber bereits vorher tunnelt Licht in das andere Prisma. Leider ist dieses schöne Experiment mit erheblichen Kosten von einigen tausend Euro verbunden.

Wenn man aus dem Mangel eine Tugend macht, geht es aber auch für einen vergleichsweise lächerlichen Betrag.

Da es kaum Literatur zu diesem Thema gibt und wohl kaum die Zeit ist, sich in der Oberstufe mit den Schülern stundenlang Gedanken über dieses Phänomen zu machen, ist doch das wesentliche Ziel erreicht, wenn man den Effekt einfach mal zeigen kann. Und das geht, und zwar einfach! Zwei einfache Prismen mit dem Mangel einer nicht sonderlich glatten Oberfläche werden aneinander gepresst. Bei geringer Anpresskraft treffen die höchsten Erhebungen der Glasoberfläche aufeinander. An diesen Stellen kann das Licht ungehindert von einem Prisma zum anderen übertreten und diese Stellen sind als helle weiße Punkte zu sehen. Mit zunehmender Anpresskraft kommen sich die anderen Bereiche so weit nahe, dass zuerst rot, dann grün und schließlich blau hinübertunneln kann. Leider lässt sich dieses Nacheinander mit geringer werdendem Abstand aber nur mit der sehr teuren Methode zeigen. Hier ist es so, dass über die Oberflächenunebenheiten gemittelt das Rot bessere Tunnelchancen hat als das Grün. Makroskopisch sieht man also keine roten und rotbraunen (=rot+grün) Scheibchen, sondern der gesamte Farbton ist rotbraun statt weiß. Damit ist der Tunneleffekt gezeigt! Das Licht ist nicht einfach schwächer, sondern in seiner Zusammensetzung verändert. Bei weiterem Zusammenpressen wird aus dem rotbraunen Licht weißes Licht.

Didaktische Anmerkungen

Eine Laboranwendung des Tunneleffekts bei Licht findet sich bei der Rasternahfeldmikroskopie. Eine metallisch beschichtete Glasfaserspitze mit einem Durchmesser von etwa der halben Wellenlänge hat vorne eine unbeschichtete Öffnung von etwa 100 nm Durchmesser. In der Glasfaser ankommendes Licht kann durch diese Öffnung eigentlich nicht hindurchtreten. Wenn die Spitze aber bis auf etliche Nanometer an die Oberfläche einer Probe herangeführt wird, tunnelt ein Teil des Lichtes in die Probe und kann auf der Rückseite der Probe nachgewiesen werden, sofern diese lichtdurchlässig ist. Mit dieser Vorrichtung können z.B. mikrostrukturierte Leiterbahnen untersucht werden.

Eine bemerkenswerte Anwendung für die Praxis wurde am Fraunhofer Institut für Physikalische Messtechnik entwickelt. (Bericht in der Zeitschrift SENSOR report 3/2004):

Hier wird mit Totalreflektion in einem Kristall gearbeitet. Der Kristall besitzt eine dünne Polymerschicht, in die das elektromagnetische Feld des Lichts geringfügig eindringt. Solange dieser Anteil sozusagen nicht fündig wird, ändert sich nichts an der Totalreflexion. Wandern in die Polymerschicht jedoch bestimmte Molküle ein, die nachgewiesen werden sollen (Komponenten der Wasserverschmutzung), dann gibt es eine Wechselwirkung mit dem "vortastenden" Lichtanteil und es tritt insgesamt eine charakteristische Schwächung des Lichtes auf.

Einen Artikel über eine weitere Anwendung habe ich in der Ausgabe 2-2004 der Fachzeitschrift Photonik gefunden. Unter der Überschrift "Evaneszente Wellen in der Mikroskopie" (evaneszent = dahinschwindend) wird nicht nur der Einsatz in der Mikroskopie beschrieben, sondern auch die formelmäßige Herleitung für evaneszente Wellen an einer ebenen Grenzfläche dargestellt. Keine leichte Materie. Sehr empfehlenswert in diesem Zusammenhang: www.zeiss.de/apotome ; www.zeiss.de/tirf ; www.zeiss.de/sirf !!!

Auch zum Thema passt ein Artikel in research, Das Bayer-Forschungsmagazin, Ausgabe 16, S. 40-43 "Medizinlabor in der Brieftasche". Auf Seite 42 ist dargestellt, wie evaneszentes Licht Fluoreszenzfarbstoffe an Zielmolekülen in einem Biochip in einem Messbereich von 100 nm zum Aufleuchten bringt.

Warum finden Sie das auf meiner Website?!?

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